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Trendwende. Jetzt gehen Amerikas Medien auf Distanz zu Scientology
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Subject: fwd: Trendwende. Jetzt gehen Amerikas Medien auf Distanz zu Scientology
Date: Sun, 08 Feb 1998 08:29:27 GMT
Von Macht und Machenschaften
Trendwende. Jetzt gehen Amerikas Medien auf Distanz zu Scientology
Berliner Morgenpost
08. Februar 1998
Von WOLFGANG WILL
Die Scientologen hatten einen
schriftlichen Plan, demzufolge sie die
Kontrolle über Clearwater übernehmen
wollten. Die Stadtregierung und
kommunale Organisationen wurden von
Scientologen unterwandert. Dem Plan
zufolge sollten Kritiker diskreditiert und
zum Schweigen gebracht werden. 1976
wurde ein Unfall inszeniert mit dem Ziel,
die politische Karriere des
Bürgermeisters - Gabriel Cazares - zu
ruinieren. Ein Scientologe infiltrierte die
örtliche Tageszeitung und horchte die
Redaktion aus."
Diese schweren Beschuldigungen sind
in einem Report der "New York Times"
enthalten, der im Grunde genommen
den gefährlichen Charakter der
Scientology Church - so wird die
Organisation auch von der
Bundesregierung eingeschätzt -
bestätigt. Mehr noch: Die "New York
Times" schildert den Fall der 36jährigen
Scientologin Lisa McPherson, die auf
äußerst rätselhafte Weise ums Leben
kam. Sie hatte sich den Scientologen
zunächst völlig ergeben, blutete für die
vermeintliche "Kirche" finanziell quasi
aus - und dann der merkwürdige Tod:
Totschlag, Mord, unterlassene
Hilfeleistung seitens der
Scientology-Organisation? Die Familie
der jungen Frau klagt, die Behörden
ermitteln.
Vielleicht ist es diesem
aufsehenerregenden Bericht der "New
York Times" zu verdanken, daß die
deutschen Scientologen ihre
Haßkampagne gegen die
Bundesregierung und die
Bundesrepublik derzeit eingestellt
haben. Sie hatten, auch in ganzseitigen
Anzeigen in der "New York Times", das
heutige Deutschland mit dem Nazi-Staat
gleichgesetzt, nur weil sie nicht als
Religionsgemeinschaft anerkannt
worden sind und deshalb keine
steuerlichen Privilegien genießen.
Einem deutschen Scientology-Mitglied
gewährte ein US-Provinzrichter sogar
"politisches Asyl" - wegen "politischer
Verfolgung" in der Bundesrepublik.
Durch den Fall und das Schicksal der
Lisa McPherson müssen sich die
deutschen Behörden darin bestätigt
fühlen, den Scientologen keinen
Kirchen-Status zu gewähren - hier
finanzielle Einzelheiten dazu, aufgedeckt
von der "New York Times":
Lisa arbeitete in Clearwater im
US-Staat Florida in einem Verlag (AMC
Publishing Company), der den
Scientologen gehört. Um in der
Hierarchie der offensichtlich totalitär
geführten Organisation voranzukommen
und aufzusteigen, mußte Lisa - wie alle
anderen Mitglieder auch - sogenannte
Fortbildungskurse besuchen. Ihr Gehalt
reichte nicht aus, diese zu bezahlen -
also nahm sie, natürlich von den
Scientologen, Kredite auf. Wegen des
anerkannten, aber höchst umstrittenen
"Kirchen"-Status' der Scientologen in
den USA konnte sie bestimmte
Summen von der Steuer absetzen. Jede
Steuerrückzahlung aber, die sie auf
diese Weise erhielt, mußte sie sofort an
die Scientology Church abführen - zur
Bezahlung weiterer "Aufstiegskurse".
In den letzten beiden Jahren ihres
Lebens - sie starb im November 1995 -
zahlte sie ihrer Organisation mehr als
97 000 Dollar für derartige
"Schulungen". Das entsprach etwa 40
Prozent ihres Gesamteinkommens.
1994 erhielt Lisa eine
Steuerrückzahlung in Höhe von 17 500
Dollar. Sie übergab die gesamte
Summe der Organisation. 1994 zahlte
Lisa insgesamt 55 767 Dollar für Kurse,
1995 lieferte sie dafür 41 924 Dollar ab.
Die "New York Times" dazu:
"Das zeigt, wie praktisch jeder Aspekt
ihres Lebens - Arbeit, Freundschaften,
Beziehungen zu Familienmitgliedern,
selbst die Wahl von Ferienorten - von
ihrer Kirche beeinflußt wurde. Es zeigt
auch, welche finanziellen Forderungen
die Scientologen an ihre Mitglieder
stellen. Es beweist zudem, wie
ungeheuer wertvoll für die Scientologen
die Entscheidung seitens der
US-Steuerbehörde war, diesen
Steuerfreiheit zu gewähren." Auch in
diesem Zusammenhang berichtet die
"New York Times" von Merkwürdigkeiten
und Ungereimtheiten:
25 Jahre lang hatte die zentrale
US-Steuerbehörde (IRS - Internal
Revenue Service) die Scientology
Church als kommerzielles Unternehmen
eingestuft und der Organisation deshalb
die den Kirchen eingeräumten
Steuervergünstigungen versagt. Jedes
angerufene Gericht bestätigte diese
IRS-Haltung. 1991 dann revidierte die
Steuerbehörde plötzlich ihre Haltung -
"nach einer Kampagne der
Scientologen, die Gerichtsverfahren,
den Einsatz von Privatdetektiven gegen
Steuerbeamte und ein Treffen zwischen
Scientology-Führern und dem obersten
Steuerbeamten der USA umfaßte". So
die "New York Times".
Die angesehenste der amerikanischen
Tageszeitungen dazu weiter: "Der
finanzielle Druck, den die Organisation
auf ihre Mitglieder ausübt, ist einer der
Gründe, weshalb Kritiker die Kirche
weltweit als einen Kult und als
Geldmaschine mit dem Ziel bezeichnen,
die Mitglieder zu prellen, so daß sie
große Summen für Kurse bezahlen."
In der Florida-Stadt Clearwater, wo die
Scientologen inzwischen 1000
Mitglieder beschäftigen und
Grundstücke und Firmen im Werte von
rund 32 Millionen Dollar besitzen, endete
das Leben der Lisa McPherson auf
tragische, ihre "Kirche" auch belastende
Weise:
Die schöne Blondine mit dem
schulterlangen Kräuselhaar hatte in der
Stadt - das liegt zwei Jahre zurück -
einen geringfügigen Unfall. Sie stieg aus
ihrem Auto aus und entkleidete sich. Ein
Sanitäter brachte sie zu einer Ambulanz
und fragte, weshalb sie nackt auf der
Straße herumgelaufen sei. "Ich brauche
Hilfe, ich brauche Hilfe", antwortete Lisa.
Sie sollte psychiatrisch betreut werden,
doch in das Krankenhaus, in das sie
eingeliefert worden war, kamen mehrere
Scientologen und erklärten, ihre Religion
lehne die Psychiatrie ab.
Lisa wurde aus dem Krankenhaus
entlassen und in ein Hotel gebracht, das
den Scientologen gehört. Dort wurde sie
rund um die Uhr bewacht. Sie soll Essen
verweigert, die Wände ihres Zimmers
wild mit den Fäusten bearbeitet und
unter Halluzinationen gelitten haben. 17
Tage nach ihrer Einlieferung in das
Zimmer 174 des Scientology-Hotels
"Fort Harrison" in der Innenstadt von
Clearwater war Lisa tot.
Autopsie-Befund laut Dr. Joan Wood:
Während ihrer letzten fünf bis zehn Tage
hatte sie keinerlei Flüssigkeit zu sich
genommen, ihre letzten 24 bis 48
Stunden war sie bewußtlos, sie hatte
Wunden an ihren Armen, die
vermeintlich auf Kakerlaken-Bisse
zurückzuführen waren.
In Clearwater wird die Scientology
Church inzwischen von der Polizei
beobachtet. Kriminalbeamte sind dabei,
eine zweijährige Untersuchung des
mysteriösen Todes der Lisa McPherson
abzuschließen. Lisas Tante Dell
Liebreich, nach dem Tod von Lisas
Mutter die Hauptklägerin: "Sie haben
Lisa umgebracht, und wir wollen
verhindern, daß Gleiches mit anderen
geschieht."
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